Der Bericht Teil 1
Der Bericht Teil 2
Der Bericht Teil 3



1944 -1945

Am 4.3.44/Samstag begann der letzte Rückmarsch aus der Ukraine
100 km östlich des Buges[37] .
 
Der Russe war 10 km westlich von uns durchgebrochen, wir mussten uns vom Feind absetzen, um nicht in einen Kessel zugeraten. An unserer Stelle wäre er nicht durchgekommen. Denn ersten Tag setzen wir uns ziemlich flott ab als wir abends  in Stellung fuhren, war der Russe schon wieder heran, wir konnten ihm gerade noch ein paar gezielte Salven herüber schicken. Und da mussten wir den Russen schon wieder den Rücken zeigen. So ging es Tag für Tag und Nacht für Nacht.
Die ganzen Tage und Nächte konnten wir nicht schlafen. Nun sollten wir in einem kleinen Wald biwaken[38] . Wir freuten uns schon alle, von den anstrengenden Tagen und vor allen von den Märschen ausruhen zu können. In den Strassen lag 20 cm Schlamm und manchmal  sogar mehr.
 
Aber für mich gab es keine Ruhe. Ich bekam- es war der 11.3.44/Samstag den Auftrag. In dem nächsten Haus Stroh zu holen.
Ich fuhr mit noch einem Kameraden los. Ich hatte schlechte Laune, den den ganzen Tag ging es zurück, und ausgerechnet ich sollte Stroh holen, während die anderen sich ausruhen konnten. Wir hatten nun mit Mühe und Not den Wagen mit Stroh vollgeladen  und fuhren zu dem kleinen Wald zurück. Dabei hatten wir uns verfahren, weil wir mit dem Gedanken woanders waren. Plötzlich sahen wir einen Meldereiter, der auf uns zu kam.
Der führte uns zurück in den Wald, dort angekommen hiess es schon,Tomitzek und Kolster auf V.B[39]  heute Nacht.
Wie ich das hörte, hatte ich die Nase voll. Hier verabschiedete sich Werner besonders von mir, als wenn er geahnt hätte, was in den nächsten Tagen noch passieren würde. Wir nehmen die Funkkiste und ein Brot.
 
 
Als die Batterie weg war, sollten wir dann Verbindung mit der Inf. aufnehmen und am Morgen sollten wir in die nördlichste Spitze des anderen Waldes gehen.
 
Wir gingen zuerst auf die befohlene Stelle wo die Inf. sein sollte. Dort fanden wir aber keinen Menschen. Jetzt suchten wir die Inf. wir durchstreiften zuerst den einen Wald, und als wir sie noch nicht gefunden hatten, den anderen Wald. Nach langen suchen von 4 1/2 Stunden fanden wir die Inf. Als wir uns gemeldet hatten, zogen wir uns in eine kleine Hütte zurück und schliefen bis zum Morgengrauen.
 
12.3.44/Sonntag
Als es ganz hell war, waren wir an der Spitze des Waldrandes.
Wir bekamen eine Infgruppe als Sicherung. Wir hatten gleich eine sehr gute Verbindung. Als wir noch so in den Tag dösten, erschienen auf einmal 15 Russen. Die Gruppe die uns schützen sollte, machte, das sie fort kam, trotzdem sie uns den Rücken decken sollten wenn der Russe käme.
T. und ich nahmen unsere Karabiner und schossen nun, was wir    
 konnten. Leider konnten wir nicht genau sehen, wieviel Tote da waren. Aber 10 Russen werden wir sicher beide  erledigt haben.
Der Russe  zog sich gleich darauf zurück. Als die Russen weg waren kamen vereinzelt die Inf. wieder zum Vorschein. Wir haben sie aber zum Teufel gejagt den solche Hilfe konnten wir nicht gebrauchen.
 
Bei der nächsten Funkverbindung bekamen wir den Spruch , wir sollten uns im anderen Wald beim 2.Batl. als V.B melden. An unsere Stelle kam eine B. Stelle hin. Wir packten gleich unsere Funkkiste und zogen in den befohlenen Wald. Als wir dort ankamen, griff der Russe an und schoss uns in den Wald hinein.
Es waren 2 Inf. Regimenter die eingeschlossen waren.
Um 11.00 wollten wir  mit Artillerie Vorbereitungen den Kessel aufbrechen. Aber keine Arri schoss. So wurde es 12.00.
Der Russe schoss nun, was er konnte, mit Explosivgeschossen und Granatwerfern in den Wald. Es knallte bei jedem Schuss furchtbar.
Wir hatten schon eine Menge Verluste. Wir konnten von Glück sagen, dass die Pferdewagen da waren.
 
Diese konnten jedenfalls die Verwundeten mitnehmen. Es wurdenun  2.00[40]  und unser Angriff war noch nicht gewesen. Keiner sprach mehr ein Wort, jetzt musste jeder mit sich selbst fertig werden.
 
Man hörte nur ab und zu leise
Kommandorufe und dazwischen gab es nur die furchtbaren Explosionen der Granatwerfer und der Explosionsgeschosse.
 
Es zuckte ein jeder etwas vor der Angst. Die Nerven waren völlig erschöpft und dazu noch kein Essen, mit leeren Mägen läuft alles herum. Das letzte Brot, das wir hatten, wurde redlich mit der Inf. geteilt.
So hatte jeder nur eine dünne halbe Scheibe Brot.
 
Hier fand ich ein kleines Schneeglöckchen. Als ich das sah, schweiften meine Gedanken zu den Eltern und in den deutschen Wald, wo der ruhige Frieden ist. Mir rollten dabei die Tränen über die Wangen, ich konnte sie nicht zurück halten. Ein anderer vertrieb sich dadurch den Schmerz, indem er sich die Bilder von seinen Lieben sich ansah. Alle sah sehr blass aus, die Wangen eingefallen, um die Augen sind schwarze Ränder. Ich pflückte das Schneeglöckchen und steckte es mir an, ich sah es als mein Beschützer an.
Es ist nun schon 3/4 4.00 geworden. Wir sollten nun schon sechs  mal angreifen, und die Arri schon noch nicht. Nun sollten wir endgültig um 4.00 angreifen. Wir stellten uns zum 7 x zum Angriff bereit. Es wurde wieder fünf nach 4.00 und die Arri schoss nicht. Plötzlich hörten wir von Ferne ein Rauschen näher kommen jeder horchte auf, es war unsere eigene Arri. Da schlugen auch schon die ersten Granaten ein.
Auf allen Gesichtern hellte es auf, wir sollten doch noch gerettet werden, jetzt heisst es laufen, wenn die Arri geschossen hatte. Sie Schoss 10 Minuten, das feindliche Feuer verstummte und unser Feuer auch.
Die ruhigen Minuten waren herrlich, aber nicht lange, nun ging es zum Angriff über . Wir rannten alle, was wir konnten, und ein frohes Hurrah kam aus allen Kehlen. Der Russe schoss nicht mehr.
 
 
Wir fanden auf dem Wege einzelne tote Russen und dann eine Menge russischer Mäntel. Sie schwitzten und warfen die Mäntel weg, das war für uns ein sehr grosser Ansporn. Wir kamen aber nur bis zur hälfte des Dorfes,dann schoss er mit Granatwerfern und Mg hinein. Es reisst wieder eine sehr grosse Lücke in unseren Reihen. Aber wir laufen immer noch, denn ein jeder weiss. Jetzt geht es ums eigne Leben, oder die Gefangenschaft droht.
 
Ich schwitze schon ordentlich, denn die Kiste[41]  wurde immer schwerer. Jetzt schlug von einem Schweren  Granatwerfer eine Granate fünf Meter neben mir ein, wir liefen alle weiter, aber schon kam noch eine, die schlug 10 meter vor mir ein. Ich flog hin, und die Funkkiste kam mir ins Genick geflogen. Ich tastete mich ab und wollte sehen, wo es mich getroffen hatte.
 
Da ich nichts sah, freute ich mich schon, Aber als ich
aufstehen wollte, brach ich zusammen.
Nun sah ich die Bescherung. Aus dem Stiefel quoll eine Menge Blut hervor[42][43]  . Der Russe schoss immer noch  mit den Granatwerfer hier her. Ich krabbelte auf allen 4 hinter ein Haus. Hier nahmen sie mir die Funkkiste ab, und ein Inf. zog mir unter vielen Qualen den Stiefel aus und verband mich mit meinem Verbandszeug.
Er wünschte mir noch alles Gute und ging.
Ich versuchte nun auf einen Wagen zu kommen. Aber alles war besetzt voll von Kameraden. Ich gab schon bald die Hoffnung auf, aber das Glück hatte mich nicht verlassen. Auf dem letzten Fahrzeug bekam ich einen Sitzplatz, ich war heilfroh. Der Kutscher musste meinetwegen laufen,er fluchte sehr über mich. Ich war froh dass ich auf einem Wagen sass. Als wir am Ende des Dorfes waren, sammelten sich die beiden Regimenter. Hier sahen wir erst, was für Verluste uns das Dorf eingebracht hat, aber wir waren aus dem Kessel heraus - nun mussten wir uns aber noch bis zur deutschen H.K.L. durchschlagen die 36 km entfernt war. Wir fuhren los voran eine Infgruppe.
 

Die stiessen auf Widerstand, da mussten wir umdrehen und durch ein Wald fahren.In dem Wald ging es hin und her kreuz und quer Berg auf und ab. Alles war niedergeschlagen, denn wir stiessen auf immer stärkeren Widerstand. Es durfte kein Ton gesprochen werden.
Alles wisperte. Jeder wusste wenn wir laut sind,dann sind wir verraten.
Als wir einen Berg herunter fuhren, flog unser Wagen um, und fiel auf uns. Wir schrien kurz auf, denn der Schreck sass uns in den Glieder.
Mir fiel der Wagen genau auf meinem kaputten Fuss.
 
Ich hatte dadurch wieder einen grossen Blutverlust. Ich wurde immer schwächer. Unser Wagen fiel noch zwei mal um, wie wir über die Hügel und quer durch den Bestand fuhren.
 
Unser Wagen war nun der letzte geworden, es kümmerte sich niemand um uns. Als es dann langsam  anfing zu dämmern, kamen wir an den Waldrand. Wir freuten uns schon sehr. Aber leider vergebens, denn wir sahen die Bescherung.
 
Wir kamen an der selben Stelle heraus, wo wir gestern Abend anfingen. Wie wir das sahen, brachen verschiedene Leute zusammen vor Erschöpfung. Die ganze Nacht sind wir herum geirrt und haben doch nichts geschafft.
 
13.3.44/Montag
Nun setzten wir alles aufs ganze, wir fuhren querfeldein. Ich hatte nun einen lausigen Durst bekommen. Ich sagte zu einem, der neben dem Wagen lief, er solle mir doch etwas Schnee reichen.
Er sagte nur in der Dämmerung: „ Ne ponne may“  (Ich verstehe nicht) als ich das hörte, guckte ich auf und sah, das der Russe neben uns herlief. Sie hatten keine Gewehre gehabt. Das war unser Glück.
Da wir 300 m zurück waren, gab ich dem Kutscher ein Zeichen. Er solle Trab fahren. Er verstand mich, setzte sich herauf und fuhr im Galopp davon. So fuhren wir bis an die anderen Wagen heran. So ging es bis 11.00. Dann kamen wir an einen Fluss, der noch grosse Eisstücke trug. Den Pferden ging das Wasser bis an den Bauch.
 
 
Aber nicht lange, denn plötzlich kam eine grosse Menge Wasser an. Da hatten wir die Bescherung. Der Russe hatte eine Schleuse gesprengt. Zuerst fuhren in den Fluss, die Wagen und Kameraden aber sie kamen nur bis zur Mitte und sackten dort völlig ab.
Die Verwundeten , die auf dem Wagen lagen, sind wehrlos ertrunken. Keiner konnte sie mehr retten, ein Rettungsschwimmer wollte sie retten[44] , kam aber dabei selber in den Strudel und kam nicht mehr heraus. Das war ein fruchtbares Bild. Da versuchten sie es mit einem leeren Wagen, der ging mit Mann und Ross unter. Von dem hat man auch nichts mehr gesehen. Es blieb nichts anders übrig,als alle Wagen stehen zu lassen und durchzulaufen oder zu reiten.
 
Es sind noch viele untergegangen. Der Russe schoss mit seiner Arri und Granatwerfer hinein.
 
Was sollte ich nun machen? Durchlaufen konnte ich nicht,
schwimmen war mein Tod.        Was nun?
 
Ich setzte mich auf ein Pferd, das war aber wasserscheu und warf mich herunter und schlug nach mir aus. Dabei traf es noch meinen schlimmen Fuss. Ich hatte wieder sehr grosse Schmerzen und eine Menge Blutverlust. Die einzige Rettung war ein Hauptm. und Regimentskom.[45]  von der Infanterie.
 
Als sein Regt. durch war, sah er mich und fragte, wer ich sei. Ich meldete ihm, ich sei V.B. beim 2 Batl. gewesen und sei verwundet und könne nicht laufen. Ich dachte mir,wenn der mich nicht mitnimmt, dann halte ich mich am Schweif des Pferdes fest. Aber der Hauptm. nahme mich mit auf sein Pferd. Ich hielt mich am Hals fest und lies mich durch den Fluss schleifen.
 
Zu erst lag ich mit meinem Bauch auf dem Halse des Pferdes, aber das konnte ich nicht aushalten, und dann zog mich das Pferd durch den Fluss. Ich fror natürlich wie ein kleiner Hund. Als wir in der Mitte des Flusses waren griff der Russe an.
 
Das andere Regiment das noch jenseits des Flusses war, hat er völlig geschnappt. 7 Leute hatten sich noch retten können. Ich hatte Glück, dass ich bei dem anderen Regt . war.
An der anderen Seite angekommen, brach ich zusammen. Der Haupt. ritt im Galopp davon, den der Iwan setzte bereits auch schon über und schoss wie wilde mit den Mg auf uns.
 
Ich versuchte auf allen Vieren davon zu kommen. Da sah ich zwei Frauen, denn winkte ich zu und sie kamen wirklich. Sie nahmen mich auf dem Arm und trugen mich weg. Wie das der Russe sah, schoss er so furchtbar nach uns. Ich blieb Gott sei Dank verschont, aber eine Frau bekam einen Kopfschuss. Sie schrei furchtbar auf, war aber noch bei Besinnung. Die andere Frau trug mich nun alleine weiter.
 
An den ersten Häusern angekommen, kam die andere Frau und sagte, ich sollte sie erschiessen, denn der Russe martert sie sonst bis zum Tode. Ich sagte ich hätte keine Waffe, aber schon nach ein paar Minuten brachte sie mir einen Karabiner.
 
Der Russe kam nun auf die Häuser zugelaufen. Nun ging es schnell nur noch die Frau erschiessen.
Die arme Frau musste ich nun wirklich erschiessen, sonst hätte sie mich wohl verraten. Diesen Schuss habe ich nicht gerne gemacht, wenn ich jetzt so nachdenke, hätte ich es nicht machen sollen. Aber wenn man selber in Gefahr ist, dann handelt man zu seinen Gunsten.
Durchgekommen wäre die Frau mit dem schweren Kopfschuss, aber doch wohl nicht.
Die andere Frau versteckte mich in ihrem Keller, und sagte mit,
ich sollte ganz leise sein. Im Keller war es pechschwarz gewesen.
 
Ich fühlte alles ab und versteckte mich hinter ein Gurken und Sauerkrautfass.Ich bedeckte mich noch mit ein paar Kartoffeln. Hier brach ich nochmals zusammen, als ich aufwachte hörte ich einen furchtbaren Lärm im Haus und ewig Gepolter, da war der Russe im  Haus und trocknete seine Sachen, wie mir die Frau erzählte.
 

Sie brachte mir auch noch Kartoffelmus herunter,das mir sehr gut bekam. Dazu ass ich noch saure Gurken. Als ich etwas befriedigt war, nahm ich mir vor nicht einzuschlafen, aber schon nach kurzer Zeit schlief ich fest.
Auf ein mal weckte mich einer, ich wusste zuerst nicht, was los war, aber vor angst habe ich geschrien. Die Frau war selbstbewusst und hielt mir den Mund zu. Als ich sie erkannt hatte,war ich froh. Ich frug sie,ob noch der Russe da sei. Sie erzählte mir, dass die Russen alles durchsucht und auch in den Keller gesehen hätten. Es war ein Glück, dass ich hinter die Fässer gekrochen war. Wieder erzählte sie, der Russe hätte viele Kameraden schon zusammen getrommelt und erschossen, die sich versteckt hatten. Ich wurde ganz bleich, sie sagte dann noch, wenn es geht, wollte sie mich heute Nacht aus dem Haus bringen. Dann lies sie mich allein und die furchtbaren Gedanken rasten durch mein Gehirn. Ich dachte sie kann mich retten oder auch verraten. Gott sei Dank hatte ich ihr gegenüber volles Vertrauen gehabt.
 
Die Frau war so 30 Jahre alt und verheiratet und hatte vier kleine Kinder gehabt. Fast jede Minute wurde mir zur Qual, aber auch diese Stunden hatten ein Ende. Wie ich so allein war, dachte ich , was nicht ein Mensch alle aushalten kann und wie sehr hängt er an seinem kleinem bescheidenen Leben. Als es dunkel war, kam die Frau und holte mich heraus. Sie versteckte mich in einem Strohhaufen und sie gab Obacht, wo die russischen Patrouillen seien. Dann nahm sie mich auf dem Rücken und trug mich soweit sie konnte. Sie musste öfters absetzen, weil sie nicht konnte.
Während ich mich ausruhte, ging sie vor und erkundete den Weg.
So brachte  sie mich in der Nacht 6 km bis zur deutschen H.K.L.
Es war am Morgengrauen des 14.3.44/Dienstag als eine Stimme rief : „ Stoi (Halt) Hände hoch oder ich schiesse!“. Ich rief vor Freude gleich: „ Nicht schiessen, ich bin ein Deutscher und bin verwundet. Sie nahmen mich ab und brachten mich etwas nach hinten. Die Frau kam immer mit mir. Sie wollte erst zurück und zu ihrem Mann und ihren Kindern, aber dann hatte sie Angst gehabt vor den Russen. Dieser Frau habe ich nun mein Leben zu Verdanken, den ohne sie wäre ich nicht durchgekommen.
 
 
 
Ich kam auf einen Panjewagen und fuhr mit diesem. Schon Mittags traf ich meine Batterie, sie nahme mich herrlich auf und versorgte mich hervorragend mit Decken. Sie geben mir sogar Chokakola[46]  und Dextro Energen. Ich war so überglücklich, das ich wieder bei meiner Bat. war. Meine Bat. konnte mich nun nicht weiter mitnehmen und lieferte mich abends auf einer Krankensammelstelle ab. Sie wünschten mir alles gute und recht baldige Genesung. Von der Krankensammelstelle transportierten sie uns  zum H.V.Pl.
 
15.4.44/Mittwoch
Unterwegs mussten wir durch ein Dorf. Die Häuser lagen höher als die Strasse, wir fuhren friedlich hinter einander. Plötzlich bekamen wir rasendes Mg. Feuer von den Häusern auf die Verwundetenfahrzeuge.
Es entstand eine grosse Panik und ein Durcheinander. Die Geschosse flitzten nur so durch den Wagen und die Plane. Ich legte mich so hin, dass meine Beine nach oben waren.
 
Die anderen lachten mich aus, aber nicht lange, der eine bekam einen Magendurchschuss, die anderen zwei je einen Kopfschuss und ich nur einen Streifschuss am rechten Bein. Wir kamen Gott sei Dank gut noch durch. Viele Wagen sind in dem hohen Schlamm steckengeblieben. An unserem Wagen hatten wir Gott sei Dank starke Pferde. Auf dem H.V.Pl. angekommen waren wir alle froh, das wir noch gut über gekommen waren. Besonders hat es mich erschüttert, weil die Wagen in dem durcheinander über die Verwundeten und Pferde gefahren sind.
 
Hier sollten wir vom H.V.Pl. auch noch hinten transportiert werden. Aber da keine Fahrzeuge da waren, bekamen wir jeder einen Zettel, auf dem in russischer  Sprache stand; Wir hätten tapfer gekämpft und der Russe sollte uns danach behandeln. Dann schrieben sie noch die Namen und Heimatadresse auf.
Als der Oberarzt weg war, der die Zettel ausgab, und der Sanitäter im oberen Stockwerk war, habe ich mich aus dem Staube gemacht. Es lagen dort ungefähr 500 Mann, aber viele hätten sich noch retten können, wenn sie zu Fuss weggelaufen wären.
 

Ich bin nun  auf allen vieren die ganze Nacht durch den hohen Schlamm, der auf den Strassen und auf den Feldern lag, hindurchgekrochen. Ich bin paar mal zusammen gebrochen. Besonders aufgerappelt habe ich mich, wenn ich russische Stimmen hinter mir hörte. So fand ich auch am Morgen wieder deutsche Soldaten.
 
16.3.44/Donnerstag
 
Diese Freude war wieder so gross, wie wenn ein Kind das schönste Spielzeug bekommt. Die Inf. kümmerte nicht viel im mich. So krabbelte ich wieder. Alle guckten mich an, dass ich auf allen vieren ohne Schuhe herumkroch. Das Gesicht war schwarz von Dreck, denn seit dem Rückmarsch hatte ich mich noch nicht gewaschen.
 
Als ich so am Ende war des Dorfes, sah ich eine Arri. Flagge. Ich ohne zu zögern, kroch einfach hin. Denn die Arri. wird schon für mich sorgen. Nun krabbelte ich an die Tür, klopfte an und kroch auf allen vieren herein.
Die Herren, die darin waren, guckten mich an und wollten lachen.
Das hatten sie nicht erwartet, dass ein kleiner Gefr.[47] zum General auf allen vieren ins Haus kroch. Ich sah einen Stuhl und kroch dahin und setze mich darauf.
Die Offiziere sagten nun kein Wort und schwiegen alle. Ich meldete nun, was mit mir los sei, und wohin ich gehöre. Sie boten mir gleich Zigaretten an, ich sagte nein danke ich bin Nichtraucher. Mir gaben sie dann eine Tüte Bonbon. Währenddessen gingen alle Offiziere hinaus. Als ich dem General[48]  alles erzählte, schüttelte er nur den Kopf und reichte mir die Hand. Dann nahm mich der General und der  Generalstabsmajor auf den Arm und brachten mich 2 Häuser zurück, wo glaub ich das Reg. war. Beim Regt. gab mir der Major noch eine Rolle Drops. Als es dann wieder zurück ging, trug mich ein anderer Major und ein Feldwebel auf einen Panjewagen. Der Feldw. wollte mich erst nicht tragen, weil ich so schön sauber war. Meine Knie sah man schon durch die Hose. Ich sah wirklich nicht sauber aus.
 
 
Aber als der Major mich tragen wollte, hat er dann auch mit widerwillen angefasst.
 
Am 16.3.44/Donnerstag kam ich nun zum zweiten mal zu meiner Batterie. Ich freute mich sehr, denn sie nahmen mich sehr froh auf und freuten sich, dass ich wieder da war. Denn sie dachten, ich läge dort mit auf dem H.V.Pl. der übergeben wurde. Mich konnten sie nicht mehr holen, weil die HKL zurückgelegt wurde. Nun fuhr ich den ganze Nacht und ganzen Tag.
 
17.3.44/Freitag mit dem Panjewagen. Es holperte sehr und ich fror wie ein Hund, obwohl ich zwei Decken zum zudecken hatte. Als Unterlage hatte ich 2 Federkissen, die sie aus den Häusern geholt hatten.
 
Die Fahrt war sehr anstrengend und zu essen hatten wir auch nichts
mehr. Zu Rauchen hatten sie Gott sei Dank genug gehabt. In einem Haus fanden sie 7 Bienenstöcke, die haben sie völlig ausgeplündert.
Ich bekam auch eine ganze Wabe. Nun assen wir Honig und nochmal Honig. Der Erfolg blieb nicht aus, denn andauernd mussten wir die Hosen lüften. So ging wieder eine Nacht um und am folgenden Tag.
 
Der  18.3.44/Samstag auch Abends gaben sie mich auf einem H.V.Pl. ab. Von hier aus fuhren lauter Autos nach Mogilew [49] etwa 80 km.
Unsere Bat. hatte bis jetzt noch alle Geschütze und alle Geräte während die andern Batterien schon eine Menge stehen gelassen hatten. Auf dem H.V.Pl. war ich nur eine halbe Stunde, da fuhr eine Auto nach Mogilew und ich durfte mitfahren.
Hier war es eine gute Pflasterstrasse. Nach Mogilew  fuhr ein Wagen hinter dem anderen Wagen. Es war keine Lücke gewesen.
Als wir kurz vor Mogilew waren, schossen plötzlich Panzer auf unsere Fahrzeuge. Russische Inf. schoss wie wilde hinüber.
Wir konnten gerade noch durchfahren, als der Russe den grossen Kessel zu machte. Wir freuten uns sehr, dass wir ebenfalls durch kamen. Hinter uns waren noch so 50 Autos. Als der Russe den Kessel zu gemacht hatte, fuhren die Panzer auf Mogilew zu.
 
 
 
Im Mogilew  angekommen fuhren wir sofort auf den Bahnhof.
Hier wurden wir in ein Waggon geladen es war der 19.3.44/Sonntag.[50]
Es waren im ganzen 15 Mann in dem Waggon. Wir waren alle froh, als wir kaum drinnen waren, fuhr der Zug ab. Und keiner hat geahnt, was jetzt für schwere Tage kommen werden .
 
Aber bald sahen wir das Unglück, uns hat ein Oberarzt in Mogilew wie ein Stück Vieh in den Waggon eingeschlossen. Wir hofften alle, wenn der Zug steht, wird schon einer aufmachen und uns etwas zu trinken und essen geben. Als wir nun hielten, klopften wir alle, aber keiner machte auf. Die ersten Stunden schliefen wir sehr gut.
Bis plötzlich ein  anderer Zug auf uns herauffährt. Ich lag ganz hinten, und von dem Anprall lag ich nun bei der Tür. Viele hatten dadurch sehr grosse Schmerzen und weinten aus Verzweiflung.
Jetzt mussten wir sehen wie ein Kamerad starb, der einen Kopfschuss hatte, Was er alles zusammen fantasierte, war furchtbar.
Wir konnten ihn doch nicht helfen.
Wir legten den einen Toten in die Ecke und bedeckten ihn mit der Zeltbahn. Die Läuse gaben uns gar keine Ruhe mehr, sie wurden immer mehr. Jetzt übergab sich noch ein Mann, wir hatten kein Licht und konnten es nicht sauber machendes roch nicht angenehm, aber es wurde noch schlimmer, denn verschiedene machten das grosse Geschäft in ihre Hosen.
Dieser war nun der Hauptgeruch, der im Waggon war.
Zuerst hielten wir uns die Nase zu, aber dann gewöhnten wir uns langsam daran. Jetzt im dunkeln kämpfte schon wieder einer mit dem Tode. Er wollte nicht sterben, er wollte zu seiner Frau und  seinen vier
Kinder hin. Das letzte hatte er noch nicht gesehen, und das wollte er noch sehender Schrie immer lauter, aber bald wurde er immer leiser und starb in der Nacht zum 20.3.44/Montag.
Ihn legten wir zu dem anderen Toten. Uns kamen alle die  Tränen und wir weinten wie kleine Kindern . Wenn wir hielten und eine Stimme und einen Schritt hörten, klopften und brüllten wir. Aber wir hörten nur die Stimmen von den anderen Wagen wo auch Verwundete drinnen lagen und auch eingesperrt waren. So ging ein Tag nach dem anderen um. Aus den zwei Toten wurden sechs.
 
 
 
Wir waren alle am Verzweifeln, wir glaubten an keinen Sieg mehr. Wir sahen nun alle den Tod vor Augen, denn keiner glaubte mehr an das Glück. Drei Mann lagen schon wieder am Sterben.
 
Als am 23.3.44/Donnerstag nach 4 Tagen der Waggon in Cernowitz[51]  geöffnet wurde, und wir in einen Lazarettzug mit Betten übernommen.  Wie kamen uns wie neugeboren vor, als wir splitter nackt in den weisen Betten lagen, wie in einem wunderschönen Paradiese. Hier bekamen wir zu essen und zu trinken. Die drei , die im Sterben lagen, freuten sich sehr. Aber vor Freude  sind alle drei innerhalb von 2 stunden gestorben.
Wir freuten uns wie kleine Kinder, und die Tränen kannten kein Halt mehr, denn die Freude war zu Gross.
 
Diese vier Tage waren die schlimmsten, die ich je in meinem Leben durchgemacht habe. Und ich bin froh und stolz, dass ich das alles durchgemacht und geschafft habe, obwohl ich den Tod  schon in die Augen gesehen hab.
 
In dem Lazarettzug war es sehr gut, und eine rechte Erholung. Hier bekam ich am 24.3.44./Freitag meinen ersten Verbandswechsel.
Wir fuhren über Mosis, Sniatyn und Lemberg nach Reichshof.
 
Hier bekamen wir am 26.3.44/Sonntag an, wurden entlaust und gewaschen. Und hier wurden wir erst richtig ärztlich behandelt.
Nach zwei Tagen wurden wir verlegt nach Pelters bei Metz.
Meine Wunden heilten sehr schnell zu. Am 18.4.44/Dienstag ging der Antrag meines Vaters durch, dass ich in ein Heimatlazarett verlegt werden möge. Am 20.4.44/Donnerstag traf ich in Trebnitz in Schlesien ein. Hier operierten sie mir die Splitter aus dem Fuss und bekam dann Ambulantenurlaub. In diesem Urlaub schrieb ich diese Erlebnisse nieder.
 
Es ist mein Stolz, dass ich mich so durchgeschlagen habe und
alles überstanden habe, obwohl es nicht leicht war.
 
 
Heinz bekam am 25.5.44 das Sturmabzeichen verliehen.[52] [53]

 
In der Zeit vom April bis August 1944 sind keine schriftlichen Unterlagen vorhanden.

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Anmerkungen

[37] Bug = ist ein Fluss , er  mündet im Schwarzen Meer/Odessa
[38] Feldnachtlager
[39] vorgeschobener Beobachter
[40] 14.00 Uhr
[41] Funkgerät
[42] Heinz bekam das Verwundetenabzeichen in Schwarz , siehe Orden
[43] http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/
[44] Heinz ist 1950 Rettungsschwimmer der DLRG geworden .Er rette vielen Menschen das Leben!
[45] Hauptmann und Regimentskommandeur
[46] Fliegerschokolade mit sehr hohen Koffeingehalt
[47] Gefreiter
[48] welcher General ?
[49] siehe Karte Rückzug - - rumänisch russischer Grenze
[50] siehe Karte Der Rückmarsch
[51] Deutsch Rumänische Grenze  ; heute die Ukrainisch-rumänische Grenze
[52] siehe Sturmabzeichen
[53] http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/